
Die Jugendlichen stehen dicht gedrängt auf dem Bürgersteig in der Frankfurter Straße. Vor dem Haus mit der Nummer 34, dort, wo einmal das Reformhaus war, ist nicht genug Platz, damit alle gleichzeitig sehen können, weshalb sie gekommen sind: Der Stolperstein von Arnold Krings.
„Seit 1924 verschiedene Heilanstalten“ ist dort zu lesen. Gemeinsam erschließen sie die Bedeutung – Heilanstalt, ein altes Wort für Krankenhaus. Krings war schon im Jugendalter auffällig, seine Ausbildung musste er vorzeitig beenden und arbeitete dann im elterlichen Geschäft, einem Kolonialwarenladen, hier in der Frankfurter Straße.
„Ich dachte immer, das ist einfach eine Markierung auf der Straße“, sagt ein Junge.
„Da ist noch einer!“, rufen zwei Mädchen, die vorauslaufen.

Die Jugendlichen hören von den Lebensschicksalen von Juden, die deportiert und in Konzentrationslagern ermordet wurden. Manche versuchten noch zu fliehen, vergeblich. Ein Mädchen erzählt von ihrer eigenen Fluchterfahrung. Sie ist als Vierjährige aus Syrien nach Deutschland gekommen. Die Klasse spricht über Sündenböcke, dass es theoretisch jeden treffen kann, der irgendwie anders ist.
Der letzte Stolperstein ist geputzt. Fast. Ein Junge holt die Wasserflasche aus dem Korb von Ursula Oelke, das Wasser spült die Putzmittelreste vom Stein, ein Mädchen bringt ihn mit einem Tuch zum Glänzen. Jetzt sieht er nicht mehr aus wie eine Straßenmarkierung.
(Fotos: Myriam Rompel)



